„Kein Fernsehbild ist willens oder in der Lage, auszudrücken, wer wir sind. Wir werden unsere Geschichte auf Video erzählen." – Zitat aus dem Abspann von Les Insoumuses’ Maso and Miso Go Boating (1976)

In der Zeit nach dem Mai 1968, als eine Atmosphäre des Ungehorsams Frankreich durchdrang, bildete sich eine mutige, feministische Bewegung. 1971 wurde das historische „Manifest der 343" veröffentlicht, das von Frauen unterzeichnet wurde, die sich zu einer Abtreibung bekannten – ein mutiger Akt zivilen Ungehorsams, denn der Eingriff war damals illegal. Unter den Unterzeichnerinnen befand sich auch der Name der berühmten französischen Schauspielerin Delphine Seyrig. Vor diesem aufrüttelnden politischen Hintergrund traf Carole Roussopoulos Seyrig zum ersten Mal bei einem ihrer Video-Workshops. „Frauen hatten Angst vor Delphine", erinnert sich Roussopoulos an die berührende Aura eines Stars, dessen Persona verführerisch, überirdisch und beängstigend zugleich wirkte. Frustriert davon, das ewige Objekt der Begierde auf der Leinwand zu sein, wollte Seyrig mit Filmemacherinnen zusammenarbeiten und ihre eigenen bewegten Bilder schaffen. Mit dem Aufkommen tragbarer Videokameras gründeten Seyrig und Roussopoulos zusammen mit Ioana Wieder das Videokollektiv Les Insoumuses, ein Wortspiel, das grob übersetzt „Ungehorsame Musen" bedeutet. Diese Mischung aus Verspieltheit und Trotz spiegelt die radikale Freude am kollektiven Aktivismus in ihren Arbeiten wider, die sich mit einer Vielzahl von gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen. Ihre Filme kritisieren nicht nur die Mainstream-Medien und hinterfragen die Stellung der Frau in einer kapitalistischen, sexistischen Gesellschaft, sondern setzen sich auch für die Rechte von Schwulen, Sexarbeiterinnen und die Legalisierung von Abtreibungen ein.

Nicht nur die Themen waren politisch – auch das Video-Medium selbst wirkte subversiv und radikal emanzipatorisch gegenüber anderen, traditionelleren Formen des Filmemachens. Carole Roussopoulos war in der Tat die erste Frau in Frankreich, die die leichte Portapak-Kamera von Sony kaufte. Auf praktischer Ebene ermöglichte die Tragbarkeit der Videokameras eine verblüffende Unmittelbarkeit: Die Filmemacher*innen konnten ihr Objektiv mit auf die Straße nehmen, auf die Proteste, wo sie Teilnehmer*innen vor Ort interviewen konnten. Während sofortige Wiedergabe- und Löschfunktionen ein größeres Vertrauen von marginalisierten Sujets wie Sexarbeiterinnen förderten, war die Möglichkeit, über bestehende Bänder aufzunehmen, viel ökonomischer als die Sicherstellung von Filmmaterial. Die Videobilder waren also nicht nur theoretisch ein Störfaktor, denn sie interpretierten die eher konservativen, reaktionären Bilder des Mainstream-Fernsehens neu. Da die Filme als kollektive Arbeit präsentiert wurden, hoben sie auch das männliche Ideal des Autors auf. Roussopoulos, die ausschließlich in diesem Modus arbeitete und an mehr als 150 Videos beteiligt war, nannte ihren Namen nur selten in den Credits. Delphine Seyrig, Carole Roussopoulos und Iona Wieder wie richteten in einem Pariser Archiv, dem „Centre audiovisuel Simone de Beauvoir" einen Aufbewahrungsort für diese Filme ein. So wahrten sie nicht nur das ständig aktualisierte Archiv feministischer Gedanken und des feministischen Aktivismus, sondern entwickelten auch neue Wege des Sehens, der Auseinandersetzung mit Aktivismus durch ein visuelles Medium. Kameras wurden wie Fäuste erhoben, nicht nur aus Wut und Frustration, sondern auch im freudigen, trotzigen Geist feministischer Solidarität.

Mark Wilson

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