Nur wenige Schauspielerinnen von heute verfügen über die zarten Gesichtszüge der großen Hollywoodstars. Noch seltener findet man sie in Kombination mit der kontrollierten Ausstrahlung und der messerscharfen Ausdrucksweise von Rooney Mara. Seit sie Anfang der 2010er Jahre mit zwei eindringlichen Darstellungen wilder weiblicher Wut in Filmen von David Fincher für Aufsehen sorgte, ist die amerikanische Schauspielerin bei Regisseur:innen wegen ihrer besonders zarten und doch präzisen Performances sehr gefragt.

In Todd Haynes’ modernem Queer-Klassiker Carol (2015) steht ihre scharfsinnige und moderne Weiblichkeit im Kontrast zu den konservativen sozialen Normen der 1950er Jahre in Amerika. In der Rolle der aufstrebenden Fotografin Therese verkörpert sie zudem eine Sehnsucht, der keine Gesetze oder Bräuche etwas anhaben können: den unbändigen Drang nach Schönheit. Ihre Darstellung der naiven Kaufhausangestellten brachte Mara eine Oscar®-Nominierung als beste Nebendarstellerin ein.

In Alonso Ruizpalacios’ lebendigem Drama La Cocina – Der Geschmack des Lebens (2024) personifiziert Mara als Kellnerin Julia den Traum eines hitzköpfigen Kochs von einer schönen Zukunft. Unbeeindruckt vom Chaos in der Küche und selbst in ihrer Schürze eine Erscheinung, scheint sie für Besseres bestimmt zu sein. Doch zwischen ihren Tagträumen müssen sich die beiden den zermürbenden Anforderungen der Mittagsschicht stellen. Maras pragmatischer Auftritt besticht dabei durch knallharte Effizienz. Doch als Julia über die Herdplatten hinweg zu ihrem Geliebten blickt, beginnen die durchdringenden Augen der Schauspielerin zu leuchten – vielleicht von einem Funken Hoffnung. In den beiden entwaffnend direkten Auftritten dieser Sammlung durchbricht Rooney Mara den Alltag und dringt zu lebendigen, wunderschönen Wahrheiten vor.